Irgendwas mit Funk und Frequenzen … Auswirkungen der Digitalen Dividende 2

Betrifft mich als Nutzer von Funkmikrofonen die Digitale Dividende 2, die gerade wieder in aller Munde ist? Und was ist das überhaupt genau, diese Digitale Dividende? Warum gibt es Ausgleichszahlungen? Und für wen? – Wir bringen ein wenig Licht ins Dunkel der vielen Begrifflichkeiten …

Der Einsatz von Funkmikrofonen auf den Bühnen dieser Welt ist aus nachvollziehbarem Grund so populär: Dank funkbetriebener Gesangs-, Moderations- und Instumentenmikrofone bleiben die Akteure von nervigen Stolperfallen und Kabelsalat verschont und dürfen sich stattdessen über attraktive Bewegungsfreiheit freuen.

Betrieben werden kabellose Mikrofone über sogenannte Frequenzbänder, das heißt über definierte, hierfür vorgesehene Frequenzbereiche. Welche Frequenzbänder durch die Allgemeinheit oder nur durch bestimmte Personenkreise für welche Zwecke genutzt werden dürfen, das legt für Deutschland die Bundesnetzagentur fest.

McGrey UHF-2V2I Quad Funkmikrofonset mit 2x Handmikrofon und 2x Lavaliermikrofon.
McGrey UHF-2V2I Quad Funkmikrofonset mit 2x Handmikrofon und 2x Lavaliermikrofon.

Welche Frequenzbereiche gibt es?

Die unterschiedlichen Frequenzbereiche, die für die drahtlose Übertragung von Signalen genutzt werden können, unterliegen einer natürlichen Ressourcenbegrenzung. Gleichzeitig hat eine Vielzahl unterschiedlichster Anwendergruppen ein Interesse an der Nutzung.

Es gibt Frequenzbereiche für die U-Boot-Kommunikation, Frequenzbereiche für Satellitenrundfunk, Flugfunk, Amateurfunk und Überwachungsanlagen und Frequenzbereiche, die für den Mobilfunk oder eben für sogenannte „drahtlose Produktionsmittel“ wie Funkmikrofone oder In Ear Monitoring-Systeme genutzt werden. Die Anwendungsbeispiele sind unglaublich umfangreich.

Hier einige Beispiele unterschiedlich hoher Frequenzbereiche – je höher übrigens die Frequenz, desto niedriger die Wellenlänge und desto kleiner die Reichweite – und ihrer Nutzer:

  • VLF = Very Low Frequency = Niederfrequenz; Frequenzbereich: 3-30 kHz; Wellenlänge: 100-10 km; Einsatzgebiete: z.B. U-Boot-Kommunikation bis 30 m Tiefe
  • LF = Low Frequency = Langwellen; Frequenzbereich: 30-300 kHz; Wellenlänge: 10-1 km; Einsatzgebiete: z. B. Funkuhren, Langwellenrundfunk
  • MF = Medium Frequency = Mittelwellen; Frequenzbereich: 0,3-3 MHz; Wellenlänge: 1000-100 m; Einsatzgebiete: z. B. Lawinenverschüttetensuchgeräte, militärischer Flugfunk
  • VHF = Very High Frequency = Ultrakurzwellen; Frequenzbereich: 30-300 MHz; Wellenlänge: 10-1 m; Einsatzgebiete: z. B. Flugfunk, UKW-Rundfunk, Fernsehen, Radar-Ortungsverfahren
  • UHF = Ultra High Frequency = UHF-Frequenzband/Dezimeterwelle; Frequenzbereich: 0,3-3 GHz (300-3000 MHz); Wellenlänge: 1 m – 10 cm; Einsatzgebiete: z.B. Amateurfunkdienst, drahtlose Mikrofone, Wettersatelliten
Der LD Systems Roadman hat ein eingebautes Funksystem, das über den Frequenzbereich von 863.00 - 865.00 MHz läuft und damit über die anmeldefreien Allgemeinzuteilungen betrieben werden kann.
Der LD Systems Roadman hat ein eingebautes Funksystem, das über den Frequenzbereich von 863.00 – 865.00 MHz läuft und damit über die anmeldefreien Allgemeinzuteilungen betrieben werden kann.

Welche Frequenzen sind anmeldefrei (= Allgemeinzuteilungen)?

Bei den sogenannten Allgemeinzuteilungen handelt es sich um Frequenzen, die der Allgemeinheit von der Bundesnetzagentur zugeteilt werden, ohne dass es einer Anmeldung durch den Nutzer bedarf und ohne dass für die Nutzung Gebühren anfallen.

Frequenzen dieser Kategorie werden unter anderem für Funk-Babyphones, Bewegungsmelder, Mobilfunkanlagen und drahtlose Mikrofone verwendet. Bei den Frequenzen, die der Allgemeinzuteilung unterliegen, übernimmt die Bundesnetzagentur „keine Gewähr für eine Mindestqualität oder Störungsfreiheit des Funkverkehrs.“

Funkmikrofone und -anlagen, die im Fachhandel gekauft werden und für Frequenzen der Allgemeinzuteilungen ausgelegt sind, können – zumindest bis zu den von der Bundesnetzagentur angegebenen Befristungs-Zeitpunkten (siehe nachfolgende Infos) – von jedem in Deutschland benutzt werden, ohne dass es besonderer Vorkehrungen bedarf.

Die Allgemeinzuteilung für drahtlose Mikrofone in den Frequenzbereichen 32,475-34,325 MHz und 36,610-38,125 MHz (= VHF/Ultrakurzwellen) ist befristet bis zum 31.12.2025 » Infoblatt der Bundesnetzagentur

Die Allgemeinzuteilung für drahtlose Mikrofone in den Frequenzbereichen 790-814 MHz und 838-862 MHz (= UHF-Frequenzband) ist nur noch bis zum 31.12.2015 wirksam.

Die Allgemeinzuteilung für drahtlose Mikrofone im Frequenzbereich 863-865 MHz (= UHF-Frequenzband) ist befristet bis zum 31.12.2023 » Infoblatt der Bundesnetzagentur

Die Allgemeinzuteilung für Funkmikrofone mit geringer Reichweite im Frequenzbereich 2400-2483,50 MHz (= SHF/Super High Frequency/Zentimeterwellen) ist befristet bis zum 31.12.2024 » Infoblatt der Bundesnetzagentur

Die Allgemeinzuteilung für drahtlose PMSE-Audioausrüstungen (Funkanlagen für Mikrofone, In Ear Monitoring-Systeme u.a.) im Frequenzbereich 823-832 MHz (= UHF-Frequenzband) ist befristet bis zum 31.12.2025 » Infoblatt der Bundesnetzagentur

Die Allgemeinzuteilung für drahtlose PMSE-Audioausrüstungen im Frequenzbereich 1785-1805 MHz (= UHF-Frequenzband) ist befristet bis zum 31.12.2025 » Infoblatt der Bundesnetzagentur

Welche Frequenzen sind gebührenpflichtig (= Einzelzuteilungen)?

Rundfunkprogrammanbieter, Schauspielhäuser, Theater, Kongresszentren und andere Event-/Kultur-Einrichtungen und -Veranstalter haben die Möglichkeit, sich von der Bundesnetzagentur Frequenzbereiche zuteilen zu lassen, über die sie dann als Primärnutzer verfügen können. Für solche Einzelzuteilungen fallen Gebühren an.

Für Konzerte und ähnliche zeitlich befristete Veranstaltungen besteht auch die Möglichkeit sogenannter Kurzzuteilungen. Prinzipiell haben Einzelzuteilungen gegenüber Allgemeinzuteilungen den Vorteil, dass funktechnische Störungen wegen der Exklusivität der Nutzungsrechte vermieden werden. Weitere Informationen zu Einzelzuteilungen für Funkmikrofone finden sich auf der » Homepage der Bundesnetzagentur.

Was hat es mit der Digitalen Dividende auf sich?

Wie schon erläutert, sind Funkfrequenzen einer natürlichen Ressourcenbegrenzung unterworfen, das heißt Frequenzen sind nicht unbegrenzt verfügbar. Die vorhandenen Frequenzen müssen also auf diejenigen, die sie nutzen möchten, verteilt werden.

Der Begriff der Digitalen Dividende bezieht sich auf die Frequenzbänder, die ursprünglich durch die Digitalisierung des Rundfunks frei wurden (im herkömmlichen, wirtschaftlichen Sinne ist die „Dividende“ der Gewinn, der beispielsweise von einer Aktiengesellschaft an dessen Mitglieder ausgeschüttet wird) und damit wieder auf den „Frequenzmarkt“ geworfen werden konnten.

Die durch die Digitalisierung frei gewordenen Frequenzen – digitales Fernsehen benötigt beispielsweise nur etwa zehn Prozent des Frequenzspektrums, das für analoges Fernsehen notwendig ist – wurden im Jahr 2010 an den Mobilfunk versteigert, gleichzeitig sollte die Internet-Breitbandanbindung des ländlichen Raumes ausgebaut werden.

Mit der Digitalisierung des Fernsehens waren die Grundlagen für die Digitale Dividende geschaffen. Foto: pixabay.
Mit der Digitalisierung des Fernsehens waren die Grundlagen für die Digitale Dividende geschaffen. Foto: pixabay.

Digitale Dividende 2

Im Rahmen der Digitalen Dividende 2 ging es nun um weitere, durch die Umstellung von DVB-T auf DVB-T2, frei werdende Frequenzbänder, die wiederum von der Bundesnetzagentur versteigert wurden. Die Versteigerung der Frequenzen wurde im Juni 2015 abgeschlossen. Die Unternehmen, die den Zuschlag für die Frequenzen für sich verzeichnen konnten, planen den weiteren Ausbau von Telekommunikationsnetzen und Breitband-Internet.

Wo ist das Problem?

Durch die Versteigerung bestimmter Frequenzbänder an Primärnutzer werden die Frequenzbereiche, die für Musiker, Veranstalter usw. zur Nutzung von Funkmikrofonen und -anlagen zur Verfügung stehen, nach und nach schmaler.

Geräte, die zuvor für eine Frequenz XYZ ausgelegt waren und problemlos betrieben werden konnten, waren/sind nach der Umsetzung einer Digitalen Dividende unter Umständen nicht mehr einsetzbar, da die entsprechenden Frequenzen nicht mehr zur Verfügung stehen.

Nach der ersten Digitalen Dividende hieß das konkret: Equipment konnte zum Teil nicht umgerüstet, nicht mehr sinnvoll genutzt und musste deshalb verschrottet werden. Nach der Digitalen Dividende 2 befürchten nun viele Veranstalter und Kulturbetriebe, dass die Luft – auch mit einer im Raum stehenden, möglichen Digitalen Dividende 3 – noch dünner werden und eine weitere Einschränkung der störungslosen Bewegungsfreiheit dieser Nutzergruppe die Folge sein könnte.

 

Ausgleichszahlungen im Zuge der Digitalen Dividende 2

Um ihre drahtlosen Mikrofonanlagen auch weiterhin störungsfrei betreiben zu können, sind viele Nutzer aus dem Bereich der Veranstaltungstechnik durch die Digitale Dividende 2 gezwungen, ihr Equipment auf andere Frequenzbereiche umrüsten zu lassen oder sich im schlimmsten Fall neues Equipment anzuschaffen.

Im Zusammenhang mit der Digitalen Dividende 2 können unter Umständen Ausgleichszahlungen in Anspruch genommen werden. Foto: pixabay.

Für diese Kosten, die im Zusammenhang mit der vom Bund „verordneten“ Digitalen Dividende 2 entstehen, sind Ausgleichszahlungen vorgesehen, die bei der BAV – Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen – beantragt werden können. Anträge können ab dem 1. Januar 2016 » online gestellt werden.

Hier einige Eckdaten zur Möglichkeit der Ausgleichszahlung:

  • Ausgleichszahlungen können für Funkanlagen (zum Beispiel drahtlose Mikrofonanlagen) beantragt werden.
  • Voraussetzung für eine Ausgleichszahlung ist die vorherige Frequenzzuteilung durch die Bundesnetzagentur im Frequenzbereich 694-790 MHz oder 470-694 MHz.
  • Kommerzielle Nutzer: Ausgleichszahlungen greifen nur für Anlagen, die zwischen dem 1. Januar 2012 und dem 1. April 2015 angeschafft wurden.
  • Nicht-kommerzielle Nutzer: Ausgleichszahlungen greifen nur für Anlagen, die zwischen dem 1. Januar 1997 und dem 1. April 2015 angeschafft wurden.
  • Der Anspruch auf Ausgleichszahlungen setzt nicht voraus, dass die Anlage nicht mehr störungsfrei im Frequenzbereich 694-790 MHz betrieben werden kann.
  • Ausgleichszahlungen werden nur für Anlagen ab einem Anschaffungswert von 410 Euro netto gewährt.

Weitere Infolinks:

» Allgemeine FAQ zu den Ausgleichszahlungen

» FAQ zum Antragsverfahren

 

Quellen/Bilder:

http://de-de.sennheiser.com/ddready

http://www.bav.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Ausgleichszahlungen/Digitale%20Dividende%20II_Presse.pdf?__blob=publicationFile&v=2

http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1422/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Unternehmen_Institutionen/Frequenzen/Allgemeinzuteilungen/allgemeinzuteilungen-node.html

http://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Verbraucher/WeitereThemen/Frequenzen/Frequenzen-node.html

http://www.shure.de/supportdownload/frequenzen

http://www.sos-save-our-spectrum.org/hintergruende/fragen-und-antworten/

https://de.wikipedia.org/wiki/Digitale_Dividende

https://de.wikipedia.org/wiki/Digitale_Dividende_II

https://de.wikipedia.org/wiki/Dividende

https://de.wikipedia.org/wiki/Frequenzband

https://de.wikipedia.org/wiki/Mikrofon#Funkmikrofone

https://pixabay.com/de/darsteller-kid-rock-musik-683900/

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Letzte Aktualisierung:

Dieser Beitrag wurde am von in Beratung veröffentlicht.

Von Jutta Kuehl

Jutta Kühl, PR und Texterin bei Musikhaus Kirstein GmbH.