Hier kommt die Sonne!

Erst Stress im Proberaum. Dann ’ne blöde Mandel-OP. Dann Ärger mit den Bullen. Und dann auch noch ätzende Nervereien im Büro … Schnauze voll! Es nervt total! – Höchste Zeit, dem ganzen Mist den Rücken zu kehren und sich zu verpissen! Ab zu ’nem guten Buddy, im Garten chillen. Und da kommt mit der Siesta fürs geplagte Nervenkostüm dann die Idee für ’nen richtig nicen Song fast ganz von alleine …

Oder – ein bisschen ausführlicher – vier Begebenheiten, die George Harrison im Frühjahr 1969 echt grandios nervten, aber letztendlich der Impuls für einen wirklich geilen Song waren:

Das Get-Back-Projekt (oder: Stress im Proberaum)

Das Frühjahr 1969 zeigte sich dem Leadgitarristen der Beatles, George Harrison, nicht gerade von seiner geschmeidigen Seite … Seinen Anfang nahm alles so: Nachdem die Beatles seit mehreren Jahren nur noch im Studio gearbeitet hatten, wünschte sich vor allem Paul McCartney wieder mehr „Live-Arbeit“. Die Begeisterung der anderen Bandmitglieder hielt sich allerdings in Grenzen und vor allem George Harrison weigerte sich mit Händen und Füßen, wieder live auf Tour zu gehen.

Als Alternative bzw. Kompromiss war er allerdings bereit, sich auf ein Filmprojekt einzulassen, das die Beatles im Doku-Stil live bei Proben und Studioaufnahmen für ein neues Album zeigen sollte. Weil McCartney das Filmprojekt nutzen wollte, um wenigstens ansatzweise zum Ursprung der Band zurückzufinden, wurde das Vorhaben als „Get-Back-Projekt“ betitelt. (Wirklich bekannt wurde der Dokumentarfilm allerdings später nicht unter seinem vorläufigen Arbeitstitel „Get Back“, sondern unter dem prominenten Namen „Let It Be“.)

 

 

Schon zu Beginn der Dreharbeiten im Januar 1969 gab es allerdings immer wieder Streitereien zwischen den Beatles. Während einer Probe, die ebenfalls live gefilmt werden sollte, verließ George Harrison – völlig genervt von McCartneys Kritik an seinem Gitarrenspiel – schließlich die Dreharbeiten.

 

 

Zwar kehrte Harrison nach einigen Tagen wieder zu den Aufnahmearbeiten zurück, aber insgesamt war in diesem Projekt wohl doch ganz schön der Wurm drin. Zumindest heißt es, dass alle vier Beatles ziemlich erleichtert waren, als die Arbeiten zum Projekt endlich vorbei waren. Der Film endet übrigens mit dem berühmten Rooftop-Konzert vom 30. Januar 1969 und kam erst in die Kinos, nachdem sich die Beatles schon aufgelöst hatten.

Tonsillektomie (oder: blöde Mandel-OP)

Anfang Februar 1969 wurden George Harrison im Universitätskrankenhaus in London die Mandeln entfernt. Aufgrund der Tatsache, dass – wenn man mal nach „mandeloperation beatles“ googelt – es im Netz viel mehr Artikel zu Ringo Starrs Mandel-OP als zu George Harrisons Mandel-OP gibt, wird die Operation bei Harrison zwar nicht weiter tragisch gewesen sein. Aber nerven tut sie halt schon, so eine Tonsillektomie …!

(By the way: Als der Beatles-Drummer Ringo Starr fünf Jahre zuvor mit einer fiesen Mandelentzündung und hohem Fieber ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, war das höchst Ärgerliche an dieser Angelegenheit vor allem die Tatsache, dass die Beatles einen Tag später auf Welttournee gingen. Es musste in Windeseile ein Ersatzschlagzeuger her. Und der wurde auch gefunden: Jimmy Nicol vertrat Ringo Starr für eine gute Woche, bevor dieser am 15. Juni 1964 in Melbourne wieder zu seinen Bandkollegen dazustoßen und den Rest der Welttournee-Konzerte übernehmen konnte.)

Getrocknete, harzhaltige Blüten (oder: Ärger mit den Bullen)

Ungefähr einen Monat nach seiner Mandeloperation ereilte George Harrison der nächste enervierende Vorfall: er und seine Frau wurden wegen des Besitzes von Marihuana verhaftet. Kiff-Lehrer der Beatles war übrigens kein Geringerer als Bob Dylan, der die vier Jungs im Sommer 1964 in einem New Yorker Hotel in diese Art der Bewusstseinserweiterung einwies.

 

 

 

Apfel mit Wurm (oder: Nervereien im Büro)

„We want to setup a system whereby people who just want to make a film about anything don’t have to go on their knees in somebody’s office.“
[John Lennon 1968 – noch zuversichtlich – über das Beatles-Unternehmen „Apple“]

Das Beatles-Unternehmen „Apple“ lief leider nicht so wie von den vier Pilzköpfen erhofft. Das Unternehmen war in die Hauptabteilung – das Plattenlabel „Apple Records“ – und zahlreiche weitere Abteilungen – Apple Films (siehe Zitat Lennon), Apple Electronics, Apple Publishing u. a. – aufgeteilt. Innerhalb einer relativ übersichtlichen Zeitspanne wurde glasklar, dass sich nur die Hauptabteilung bewähren würde, während die übrigen Abteilungen unrentabel und damit nicht nur finanziell eine Belastung für die Beatles waren …

Die Querelen rund ums Unternehmen („Apple was getting like school, where we had to go and be businessmen …“) waren dann womöglich auch der Tropfen, der das Harrison-Fass endgültig zum Überlaufen brachte:

Tschö mit ö (oder: ab zu ’nem guten Buddy und ’n richtig nicen Song schreiben)

George Harrison hatte von den Ereignissen des Frühjahrs 1969 endgültig und gestrichen die Nase voll. Er beschloss, dem ganzen Generve der vergangenen Monate für eine Weile den Rücken zu kehren und sich bei seinem Freund Eric Clapton (die beiden Musiker verband eine lebenslange Freundschaft) einzunisten.

Und da geschah es: In Claptons Garten ließ Harrison Stress Stress sein, lustwandelte mit einer von Claptons akustischen Gitarren durchs Frühlingsgrün und komponierte einen seiner bekanntesten Songs: Here Comes The Sun!

„So one day I decided – I’m going to ’sag off‘ Apple and I went over to Eric’s house. … The relief of not having to go see all those dopey accountants was wonderful, and I was walking around the garden with one of Eric’s acoustic guitars and wrote Here Comes The Sun.“
[George Harrison]

„Here Comes The Sun“ wurde am 26. September 1969 als erstes Stück der B-Seite auf dem Beatles-Album „Abbey Road“ veröffentlicht. Der Song handelt vom Gefühl des erleichterten Auf- und Durchatmens nach einem (vielleicht auch sinnbildlichen) langen, kalten Winter und davon, dass die Sonne wieder ein Lächeln in die Gesichter der Menschen zaubert.

 

 

Here Comes The Sun: hier noch drei schräge Coverversionen …

 

 

Quellen/Bilder:
beatlesseite.de/calen/bs/d0214.php
de.wikipedia.org/wiki/Apple_Corps
de.wikipedia.org/wiki/Eric_Clapton
de.wikipedia.org/wiki/Here_Comes_the_Sun
de.wikipedia.org/wiki/Let_It_Be_(Film)
de.wikipedia.org/wiki/Marihuana
netdoktor.de/krankheiten/mandelentzuendung/tonsillektomie/
pixabay.com/de/illustrations/aquarell-farbe-malerei-tinte-nass-2050755/
welt.de/welt_print/article3855929/Die-Beatles-sind-wieder-da.html
wolfgangroehl.de/1964.htm

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Dieser Beitrag wurde am von in Leute veröffentlicht.

Von Jutta Kuehl

Jutta Kühl, PR und Texterin bei Musikhaus Kirstein GmbH.